Also ich konfabuliere mal, daß man Hingabe benötigt, um Führung zu erfahren. Führung geschieht ja durch Einfälle, erscheine sie nun als Gefühl, Gedanke oder als Ahnung. Sie ist ein Impuls, der mal ungebeten kommt und mal auf Anfrage/Bitte.
Tatsächlich aber und objektiv sitze ich jetzt hier. Und ich tippe gerade ein P. Wie komme ich dazu? Bin ich dahin geführt worden oder wähle ich das selber, jetzt ein U zu tippen? Ich hätte auch ein A tippen können. Kann ich in irgendeiner Form beweisen, daß ich
a) selber wähle oder
b) geführt werde
beim Tippen? Njet, kann ich nicht. Ich kann mir alles mögliche Denken, aber ich kann niemals herausfinden, ob ich selber wähle oder ob ich geführt werde. Auch wenn ich gleich auf die Toilette gehe kann ich nicht sagen, wer darüber entscheidet, daß ich einen Fuß vor den anderen setze. Obwohl ich für mich das Gefühl habe, daß ich selber wähle kann ich es nicht beweisen.
Tragisch, ne? Finde schon, denn die Frage wäre ja interessant zu klären. Kann man aber eben nicht, meines Erachtens.
Aber was man kann ist, den Blickwinkel ändern. Oder einen anderen Blickwinkel annehmen. Und da finde ich ganz interessant, daß ich die Wahl habe zwischen dem Blickwinkel der Führung und dem Selberwählen. Meine Aufmerksamkeit kann beides erfassen. Ein Beispiel, wer mag kann ja mitmachen:
ich habe die Absicht, meine rechte Hand von der Tastatur weg zu führen und vor mir auf die Tischfläche parallel zu meiner linken Schulter abzulegen.
Vorab: Ob die Absichtsfassung geführt oder ungeführt geschieht ist eben nie beweisbar. Denn: jedes Mal wenn ich jemanden in der Hierarchie meines Bewußtseins identifiziere ist es theoretisch möglich, daß eine höhere Hierarchie diejenige Hierarchie, die ich als "absichtlich(t)" identifiziert habe, geführt hat. Die theoretische Betrachtung bringt uns also nicht weiter. Nein, ich muß wirklich tun, um es zu sehen:
ich lege meine rechte Hand vor die linke Schulter auf die Tischplatte. "Geführt" wäre die Bewegung, meine Hand von der Tastatur wegzunehmen und dorthin zu legen so ausgeführt, daß sie aus dem Masse- und Bewegungszentrum des Körper heraus geschieht, in einer flüssigen Bewegung. Wenn ich beim Schreiben jetzt gerade wirklich nuuuur die Absicht
im Geiste fasse, daß meine Hand irgendwann dorthin wandern soll und ich dann zuschaue wie es geschieht, dann passiert bei mir folgendes: es ergibt sich zuerst ein klitzekleiner Wirbel im Unterbauch, der die Wirbelsäule hochsteigt und mich gerade hinsetzt, dann knackt mein Brustbein gerade ein bißchen, dann beginnen sich die rechte Schulter mitsamt Oberam, Ellenbogen, Unterarm, Handgelenk und Hand gleichzeitig zu bewegen, wobei sich kein Teil schneller bewegt als der andere. Es ist also ein flüssige Bewegung, die ich betrachten kann und die mein Schreiben unterbricht. Gleichzeitig bewegt sich die linke Hüfte zum Ausgleich für das Vorwandern der Schulter bei mir einen halben Millimeter nach hinten. Das muß aber nicht so sein, wenn ich meine Wirbelsäule gerade mache bleibt das aus.
Hätte ich jetzt nicht zuerst die geistige Absicht entwickelt, die Hand dort vorne hin zu legen, dann hätte ich das alles gar nicht bemerkt. Sondern ich hätte einfach die Hand da vorne hingelegt, mein Fleisch, gell? Patsch, da liegt sie. Kann ich auch. Aber ich habe eben mal die Energie betrachtet, die sich ja in Bewegung ausdrückt. Und die geistige Energieform war die "Absichtsenergie".
Was "geführt" wurde, während ich die Hand nach da vorne gelegt habe, war übrigens meine Aufmerksamkeit. Und zwar stieg sie vom Unterbauch auf. Zuerst erfaßte sie, weil sie über das Wissen und die Erfahrung erfügt, daß Bewegung dort beginnt, den Wirbel im Unterbauch. Sie weiß und kann beobachten, wie der Wirbel ganz alleine durch die Absicht und die geistige Vorzeichnung einer Bewegung in der Zukunft diesen Wirbel verursacht. Und wenn dann noch die Gedankenenergie hinzukommt und ein Wort gesprochen wird innendrin wie: "meine rechte Hand liegt auf dem Tisch dort" und wenn auch noch das Auge den Punkt, wo die Handmitte hin soll lächelnd betrachtet, dann ergibt sich die Bewegung wie von alleine. Und die Aufmerksamkeit "führt" die Bewegung. Fällt die Aufmerksamkeit auf die Bewegung weg, dann fällt die Hand herunter. Die Absicht aber kann bestehen bleiben, ohne Aufmerksamkeit hat sie jedoch keinen Bestand. Es ist wie bei einem Kriegsherren: wenn er die Absicht hat, den Gegner anzugreifen aber nicht die Aufmerksamkeit aufbringt zu wissen wo der Gegner sein Heer aufgestellt hat, dann ist sein Bestreben unnütz und seine geistige Energie nicht entwickelt.
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Sooo. War es jetzt "Freier Wille", das aufgeschrieben haben oder waren es geführte Worte? Sixdus, das kann man eben nicht feststellen. Ist es geführt, daß ich ein Kind meiner Mutter bin oder ist es mein freier Wille? Beides ist denkbar, im Rahmen von Zusammenhänge erklärenden Systemen. Ist es Führung, daß mein Schicksal so oder so verläuft, oder ist es unsere begrenzte Aufnahmekapazität für die Realität und ihre Vielfalt, die uns ein Schicksal wählen läßt insofern, als daß wir die Verarbeitungskapazität unseres Seins auf diese oder jene Betrachtung lenken können (Leid oder Freud zum Beispiel...)?
Die Intuition, die ist noch so ein Wort in diesem Zusammenhang. Sie ist es Wert, daß man sie vom Begriff der Führung abgrenzt. laut wiki ist sie:
Die Intuition (v. lat.: intueri = betrachten, erwägen; PPP intuitum) ist die Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen durch sich spontan einstellende Eingebungen zu erlangen, die auf unbewusstem Weg zustande gekommen sind. Das vom Substantiv Intuition abgeleitete Adjektiv ist intuitiv.
Führung dagegen geht ja nicht davon aus, daß die Angabe darüber, was nun zu tun sei/ was geschieht aus dem Inneren kommt. Sondern sie kommt ja von einer dritten Stelle. Da ist der, der die Führung wahrnimmt oder nicht und es ist da gleichzeitig der, der die Führung ausführt oder nicht. Und da ist ja noch ein Dritter, der die Führung "sendet".
Bei der Intuition ist es also das "Hören auf das Selbst", liebe Gwen, während es bei der Führung das "Hören auf das Höhere Selbst" ist. Und das kann einen Namen haben im Menschen, es kann als ein Engel identifiziert werden oder als Maria oder als Papa oder Mama. So ist es als Kind. Und auch im Erwachsenen, nur nimmt der es nicht mehr so wahr, weil er ein Ich ausgeprägt hat und das religio mit seinem Selbst sucht. Anders als das Kind: das sucht in der Regel die Aufmerksamkeit der Eltern, es sei denn es hat autistische Züge. Dann beschäftigt es sich mit dem Bemerken seines Tuns.
Ja, also, man kann jetzt noch den Freien Willen mal verplempern. "Geführt" gedacht, also in dem Denken verhaftet, daß mich etwas lenkt das zu Denken, was ich denke, kann "freier" Wille nur sein, wenn der Wille ungeführt ist. Nur wenn mich niemand in meiner Willensfassung beeinflußt, kann dieser Wille letztlich frei gefaßt sein. Solange ich aus einer eingeschränkten Erfahrung wie meinem Leben meine Entscheidung treffe, ist der Mechanismus und Blickwinkel der Beschlußfassung ja aus den gemachten Erfahrungen getroffen und nicht wirklich frei in alle Richtungen. Was ich nicht weiß, kann ich auch nicht bei einer Willensentscheidung in Betracht ziehen. Ungewußtes kann ich nur vermuten oder muß es hinnehmen und glauben.
Daher kann menschlicher Wille meines Erachtens während des Lebens nicht gänzlich frei sein, er ist immer ein bißchen von den Erfahrungen und Lerninhalten des Ichs abhängig, welches das Leben ja ebenfalls "führt". Es macht ja einen Prozeß durch und bei dem fallen ja Informationen und Fehlinformationen ab, die den Willen und seine Bildung beeinflussen. "Frei" ist der Wille meines Erachtens in einem normalen westlichen Leben nur im Tod, denn ansonsten gibt es ja immer Bestrebungen im Willen. Etwas zu erreichen zum Beispiel. Zum Beispiel den freien Willen zu erreichen. Solange man ihn erreichen will, hat man ihn nicht, denn man hat ja einen Inhalt im Willen und das ist also nicht frei im eigentlich Wortsinne.
Gut, in der Meditation kann man den freien Willen erreichen, wenn man eben mal zufällig gerade Nichts oder Alles will. Aber wenn man eines von beiden mehr als das andere will, dann hat es ja schon keinen Zweck, lach.