Das Buch vom Wirken Gottes „Liber divinorum operum“ (Auszüge) Achte Vision Das Wirken der göttlichen Liebe
Zitat von http://www.rudihaberstroh.de/hildo2/hildediv8.pdf 1. Die Rede der Liebe Die erste Gestalt sprach: Ich, die Liebe <caritas>, bin die Herrlichkeit des lebendigen Gottes. Die Weisheit hat in mir ihr Werk gewirkt, und die Demut, die im lebendigen Quell verwurzelt ist, ist meine Gehilfin, und mit ihr ist der Friede verbunden. Und durch die Klarheit, die ich bin, leuchtet das lebendige Licht der seligen Engel..... Daher bin ich auch der lebende Quell, weil alles, was geschaffen ist, wie ein Schatten in mir war. Nach diesem Schatten ist der Mensch mit Wasser und Feuer gebildet, wie auch ich Feuer und lebendiges Wasser bin. Deshalb hat der Mensch auch in seiner Seele <die Fähigkeit>, alles zu ordnen, wie er will. Jedes Lebewesen hat einen Schatten, und was an ihm lebendig ist, geht in ihm wie der Schatten hierhin und dorthin. Gedanken sind nur im vernunftbegabten Lebewesen, nicht aber in den unvernünftigen Tieren, weil jene nur leben und Sinne haben, mit denen sie erkennen, was sie meiden oder was sie suchen sollen. Nur die Seele, die von Gott eingehaucht ist, ist vernunftbegabt. ..... Aus diesem Schatten ist auch die Schrift „Scivias" hervorgegangen durch die Gestaltung einer Frau, die gleichsam ein Schatten von Kraft und Gesundheit war, weil diese Kräfte in ihr nicht wirkten. ..... Und doch gibt es nichts, was deutlich sieht, woher es lebt, sondern es spürt nur das, wodurch es bewegt wird. Und wie das Wasser das fließen läßt, was in ihm ist, so ist auch die Seele der lebendige Geisthauch, der immer im Menschen fließt und ihn durch Wissen, Denken, Sprechen und Wirken gleichsam fließen läßt. Auch in diesem Schatten hat die Weisheit alles im gleichen Maß zugemessen, damit nicht eines das andere an Gewicht übertrifft und auch nicht eines vom anderen in sein Gegenteil gedrängt werden kann; denn sie überwindet und fesselt alle Bosheit teuflischer Künste, weil sie vor dem Anfang aller Anfänge war und nach deren Ende in ihrer stärksten Kraft bestehen wird, und niemand wird ihr widerstehen können. Denn sie hat niemanden zu Hilfe gerufen und keinen gebraucht, weil sie die Erste und die Letzte war. Von niemandem erhielt sie Antwort, da sie als Erste die Ordnung aller Dinge wirkte. In sich und durch sich selbst begründete sie alles gewissenhaft und gütig. Es wird auch von keinem Feind mehr zerstört werden können, weil sie den Beginn und das Ende ihrer Werke in hervorragender Weise sah. Das alles richtete Sie vollständig ein, so daß auch alles von ihr gelenkt wird. Sie selbst betrachtete auch ihr Werk, das sie im Schatten des lebendigen Wassers zur richtigen Bestimmung ordnete, indem sie auch durch die eben erwähnte ungebildete Frau gewisse natürliche Kräfte verschiedener Dinge und Schriften über die Verdienste des Lebens <scripta vitae meritorum> und ebenso andere tiefe Geheimnisse eröffnete, die diese Frau in wahrer Vision schaute und dadurch sehr geschwächt wurde. Aber vor all diesen <Schriften> hatte die Weisheit die Worte der Propheten und anderer Weisen und ebenso die der Evangelien aus dem lebendigen Quell geschöpft und sie den Jüngern des Gottessohnes anvertraut, damit durch diese die Ströme des lebendigen Wassers über den gesamten Erdkreis ausgegossen wurden, durch die die Menschen wie Fische in ein Netz geleitet (vgl. Mt 4,18-22; Mk 1,16-22) und zur Rettung zurückgeführt werden sollten. ..... In mir, der Liebe, hat sich alles gespiegelt. Mein Glanz zeigt die Gestal tung der Dinge, wie der Schatten die Gestalt anzeigt. Und in der Demut, die meine Gehilfin ist, ging auf Anordnung Gottes die Schöpfung hervor. In derselben Demut hat Gott sich zu mir herabgeneigt, um die trockenen Blätter, die abgefallen waren, in der Glückseligkeit emporzuheben, in der Er alles tun kann, was Er will...... .....Denn der Mensch ist vollkommen das Gebilde Gottes. Er blickt auf zum Himmel und tritt auf die Erde, indem er sie beherrscht; er befiehlt allen Geschöpfen, weil er durch die Seele zur Höhe des Himmels schaut. Deshalb ist er durch sie auch himmlisch, aber durch s einen sichtbaren Leib ist er irdisch. Gott hat so den Menschen, der in der Tiefe darniederlag, durch die Demut emporgehoben gegen den, der in Verwirrung vom Himmel hinabgeschleudert wurde. Denn da die alte Schlange durch Hochmut die Eintracht der Engel spalten wollte, hielt Gott sie mit Seiner starken Macht fest, damit sie nicht von deren Wut zerrissen wurde. Satan nämlich, der in der Höhe großes Ansehen hatte, rechnete bei sich, er könne tun, was er wolle und verliere deshalb den Glanz der Sterne nicht. Aber er wollte alles haben, und deshalb verlor er alles, was er hatte, weil er gierig nach allem trachtete. 2. Das Wirken des Dreieinigen Gottes in Liebe, Demut und Frieden Wiederum hörte ich vom Himmel eine Stimme, die sprach: Alles, was Gott gewirkt hat, hat Er in Liebe, in Demut und in Frieden vollendet, damit auch der Mensch die Liebe hochschätzt, nach der die Demut strebt und Frieden hält, um nicht mit dem zugrundezugehen, der diese Tugenden sofort bei seinem Entstehen verhöhnte. Du siehst auch gleichsam in der Mitte des beschriebenen südlichen Bereiches drei Gestalten.. Zwei von ihnen stehen in einem ganz klaren Brunnen, der ringsum eingefaßt und oben mit einem runden, durchbohrten Stein geschmückt ist, als ob sie in ihm verwurzelt wären, wie Bäume bisweilen im Wasser zu wachsen scheinen. Diese sind in der Kraft der glühenden Gerechtigkeit drei Tugenden im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit. Von ihnen ist die erste die Liebe <caritas>, die zweite die Demut <humilitas>, die dritte der Friede <pax>. Liebe und Demut stehen in der reinsten Gottheit, aus der Ströme der Seligkeit fließen. Denn diese beiden Tugenden weisen zur Befreiung und Aufrichtung des in der Tiefe der Sünden darniederliegenden Menschen hin auf den einzigen Sohn Gottes, der auf dem ganzen Erdkreis bekannt gemacht wurde. Als sein Leib, der am Kreuz durchbohrt (vgl. Joh 19,34) und begraben worden war, durch die wunderbare Macht der Gottheit auferstand, zeigte Er damit, daß Er der Stein der Stärke und Ehre ist. Denn alle Wunder, die der Sohn Gottes auf der Erde vollbrachte, führte Er auf die Herrlichkeit Seines Vaters zurück. Diese Tugenden sind nicht von der Gottheit getrennt, wie auch eine Wurzel nicht vom Baum getrennt wird. Denn Gott ist in Seinem Wesen die Liebe und hält in all Seinen Werken und Urteilen an der Demut fest. Die Liebe und die Demut nämlich stiegen mit dem Sohn Gottes zur Erde hernieder und führten Ihn, als Er zum Himmel zurückkehrte, dorthin zurück. Die eine ist von Purpurglanz, die andere von einem strahlend weißen Glanz so umgeben, daß du sie nicht vollkommen anschauen kannst. Das bedeutet: Die Liebe <caritas> brennt in himmlischer Liebe <amor> wie Purpur, die Demut aber schüttelt den Schmutz der Erde im weißen Glanz der Rechtschaffenheit von sich ab. Wenn es auch für den sterblichen Menschen, solange er im Fleisch lebt, schwierig ist, das in allem nachzuahmen, soll er trotzdem wegen des Lohnes in der Ewigkeit nicht nachlassen, Gott über alles zu lieben und sich in allem zu demütig verhalten. Daß aber die dritte Gestalt außerhalb des Brunnens auf dessen Randstein steht, bedeutet: Der Friede, der im himmlischen Bereich bleibt, verteidigt auch die irdischen Angelegenheiten, die außerhalb des himmlischen Bereiches sind. Denn der Sohn Gottes, der wahre Eckstein (Eph 2,20), hat ihn gebracht, als Er die ganze Welt durch Seine Geburt erleuchtete und als Ihn die Engel in ihrem Lobgesang als Gott und Mensch erkannten. Ihr Antlitz leuchtet in solcher Helligkeit, daß diese auf dein Gesicht zurückschlägt, weil der Friede, der durch den Sohn Gottes erstand, im irdischen Bereich nicht so gehalten werden kann wie im Himmel. Denn während die himmlische Wirklichkeit immer in der Festigkeit der Eintracht steht, wird die irdische in ihrem Schwanken hierhin und dorthin geworfen und ändert sich vielfach..... Und vor ihnen erscheinen die seligen Ordnungen der Heiligen wie Wolken. Auf sie blicken die Gestalten aufmerksam. Denn durch die Liebe und Demut gelangt man zur Ehre der himmlischen Herrlichkeit, wenn der Geist der Gläubigen wie Wolken von Tugend zu Tugend strömt. Sobald auch die Liebe und die Demut in sorgfältiger Prüfung und Obhut auf sie blicken, entzünden sie sie entschlossen und sanft zugleich zur Sehnsucht nach dem Himmel. Denn die Liebe ist der Schmuck der Werke Gottes, wie ein Ring von einem edlen Stein geschmückt wird. Die Demut aber hat sich offen im Sohn Gottes kundgetan, der sich aus dem unversehrten Stern des Meeres erhob. .....Mit den zuvor genanntein Tugenden wurde auch die Kirche geschmückt und, wie eine Braut ausgestattet, in das Gemach des Königs geführt, wie geschrieben steht: 3. Psalm 45,10: Die Kirche und die Gläubigen und ihr Ziel „Die Braut steht dir zur Rechten, in einem goldenen Gewand, von buntfarbiger Pracht umgeben'' (Ps 45,10). Der Sinn dieser Aussage ist so zu verstehen: Oh du Sohn des Vaters, bei der Verlobung des katholischen Glaubens trat die Kirche hin zur Fülle der himmlischen Sehnsucht, ausgestattet mit der Brautgabe Deines Menschseins, das vom Rot Deines Blutes überströmt ist. Sie war auch umgürtet mit den mannigfachen Tugenden, die sie vom Haus Deines Vaters mitbrachte, als sie sich in die Umarmung Deiner Liebe begab. Diese Verlobung ging ja aus dem Willen des allmächtigen Gottes hervor, der sie mit einem strahlenden Werk vollendete, sobald Er den Menschen als Ganzes umfaßte, den Er mit dem Gewand der Gerechtigkeit schmückte, als der Sohn Gottes für die Erlösung des Menschen im Fleisch leiden wollte. Der Mensch ist nämlich das Werk der Rechten Gottes. Durch Ihn wurde der Mensch bekleidet und zur königlichen Hochzeit gerufen, die die Demut feierte, als der höchste Gott in die Tiefen der Erde blickte und die Kirche aus dem einfachen Volk sammelte. Er, der gefallen war, sollte durch die Reue wieder aufstehen und sich in heiligem Lebenswandel erneuern, von mannigfaltigen Tugenden wie mit der Blühkraft der Blumen geschmückt. Der Hochmut aber ist immer verdorben, weil er jedes Ding zerdrückt, zerteilt und wegnimmt. Die Demut dagegen raubt oder nimmt niemanden etwas, sondern hält alles in Liebe fest. In ihr hat Gott sich zur Erde herabgeneigt, u nd durch sie hat Er alle Tugendkräfte gesammelt. Denn die Tugenden streben hin zum Sohn Gottes, wie die Jungfrau einen Mann zurückweist und Christus ihren Bräutigam nennt. Mit der Demut sind die Tugenden verbunden, wenn Er sie zur Hochzeit des Königs führt. Diese Worte sollen die Gläubigen in der Hingabe ihres Herzens aufnehmen, denn sie sind zum Nutzen der Gläubigen von ihm verkündet, der der Erste und Letzte ist. Ende der achten Vision
Zitat von Sterndeuter im Beitrag #1Das Buch vom Wirken Gottes „Liber divinorum operum“ (Auszüge) Achte Vision Das Wirken der göttlichen Liebe
Zitat von http://www.rudihaberstroh.de/hildo2/hildediv8.pdf 1. Die Rede der Liebe Die erste Gestalt sprach: Ich, die Liebe <caritas>, bin die Herrlichkeit des lebendigen Gottes. Die Weisheit hat in mir ihr Werk gewirkt, und die Demut, die im lebendigen Quell verwurzelt ist, ist meine Gehilfin, und mit ihr ist der Friede verbunden. Und durch die Klarheit, die ich bin, leuchtet das lebendige Licht der seligen Engel..... Daher bin ich auch der lebende Quell, weil alles, was geschaffen ist, wie ein Schatten in mir war. Nach diesem Schatten ist der Mensch mit Wasser und Feuer gebildet, wie auch ich Feuer und lebendiges Wasser bin.
Deshalb hat der Mensch auch in seiner Seele <die Fähigkeit>, alles zu ordnen, wie er will. Jedes Lebewesen hat einen Schatten, und was an ihm lebendig ist, geht in ihm wie der Schatten hierhin und dorthin. Gedanken sind nur im vernunftbegabten Lebewesen, nicht aber in den unvernünftigen Tieren, weil jene nur leben und Sinne haben, mit denen sie erkennen, was sie meiden oder was sie suchen sollen.
Nur die Seele, die von Gott eingehaucht ist, ist vernunftbegabt.
..... Aus diesem Schatten ist auch die Schrift „Scivias" hervorgegangen durch die Gestaltung einer Frau, die gleichsam ein Schatten von Kraft und Gesundheit war, weil diese Kräfte in ihr nicht wirkten.
..... Und doch gibt es nichts, was deutlich sieht, woher es lebt, sondern es spürt nur das, wodurch es bewegt wird.
Und wie das Wasser das fließen läßt, was in ihm ist, so ist auch die Seele der lebendige Geisthauch, der immer im Menschen fließt und ihn durch Wissen, Denken, Sprechen und Wirken gleichsam fließen läßt.
Auch in diesem Schatten hat die Weisheit alles im gleichen Maß zugemessen, damit nicht eines das andere an Gewicht übertrifft und auch nicht eines vom anderen in sein Gegenteil gedrängt werden kann; denn sie überwindet und fesselt alle Bosheit teuflischer Künste, weil sie vor dem Anfang aller Anfänge war und nach deren Ende in ihrer stärksten Kraft bestehen wird, und niemand wird ihr widerstehen können. Denn sie hat niemanden zu Hilfe gerufen und keinen gebraucht, weil sie die Erste und die Letzte war. Von niemandem erhielt sie Antwort, da sie als Erste die Ordnung aller Dinge wirkte. In sich und durch sich selbst begründete sie alles gewissenhaft und gütig. Es wird auch von keinem Feind mehr zerstört werden können, weil sie den Beginn und das Ende ihrer Werke in hervorragender Weise sah. Das alles richtete Sie vollständig ein, so daß auch alles von ihr gelenkt wird.
Sie selbst betrachtete auch ihr Werk, das sie im Schatten des lebendigen Wassers zur richtigen Bestimmung ordnete, indem sie auch durch die eben erwähnte ungebildete Frau gewisse natürliche Kräfte verschiedener Dinge und Schriften über die Verdienste des Lebens <scripta vitae meritorum> und ebenso andere tiefe Geheimnisse eröffnete, die diese Frau in wahrer Vision schaute und dadurch sehr geschwächt wurde.
Aber vor all diesen <Schriften> hatte die Weisheit die Worte der Propheten und anderer Weisen und ebenso die der Evangelien aus dem lebendigen Quell geschöpft und sie den Jüngern des Gottessohnes anvertraut, damit durch diese die Ströme des lebendigen Wassers über den gesamten Erdkreis ausgegossen wurden, durch die die Menschen wie Fische in ein Netz geleitet (vgl. Mt 4,18-22; Mk 1,16-22) und zur Rettung zurückgeführt werden sollten. .....
In mir, der Liebe, hat sich alles gespiegelt. Mein Glanz zeigt die Gestaltung der Dinge, wie der Schatten die Gestalt anzeigt. Und in der Demut, die meine Gehilfin ist, ging auf Anordnung Gottes die Schöpfung hervor. In derselben Demut hat Gott sich zu mir herabgeneigt, um die trockenen Blätter, die abgefallen waren, in der Glückseligkeit emporzuheben, in der Er alles tun kann, was Er will......
.....Denn der Mensch ist vollkommen das Gebilde Gottes. Er blickt auf zum Himmel und tritt auf die Erde, indem er sie beherrscht; er befiehlt allen Geschöpfen, weil er durch die Seele zur Höhe des Himmels schaut. Deshalb ist er durch sie auch himmlisch, aber durch seinen sichtbaren Leib ist er irdisch. Gott hat so den Menschen, der in der Tiefe darniederlag, durch die Demut emporgehoben gegen den, der in Verwirrung vom Himmel hinabgeschleudert wurde.
Denn da die alte Schlange durch Hochmut die Eintracht der Engel spalten wollte, hielt Gott sie mit Seiner starken Macht fest, damit sie nicht von deren Wut zerrissen wurde. Satan nämlich, der in der Höhe großes Ansehen hatte, rechnete bei sich, er könne tun, was er wolle und verliere deshalb den Glanz der Sterne nicht. Aber er wollte alles haben, und deshalb verlor er alles, was er hatte, weil er gierig nach allem trachtete.
2. Das Wirken des Dreieinigen Gottes in Liebe, Demut und Frieden Wiederum hörte ich vom Himmel eine Stimme, die sprach: Alles, was Gott gewirkt hat, hat Er in Liebe, in Demut und in Frieden vollendet, damit auch der Mensch die Liebe hochschätzt, nach der die Demut strebt und Frieden hält, um nicht mit dem zugrundezugehen, der diese Tugenden sofort bei seinem Entstehen verhöhnte.
Du siehst auch gleichsam in der Mitte des beschriebenen südlichen Bereiches drei Gestalten...
Zwei von ihnen stehen in einem ganz klaren Brunnen, der ringsum eingefaßt und oben mit einem runden, durchbohrten Stein geschmückt ist, als ob sie in ihm verwurzelt wären, wie Bäume bisweilen im Wasser zu wachsen scheinen.
Diese sind in der Kraft der glühenden Gerechtigkeit drei Tugenden im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit.
Von ihnen ist die erste die Liebe <caritas>, die zweite die Demut <humilitas>, die dritte der Friede <pax>.
Liebe und Demut stehen in der reinsten Gottheit, aus der Ströme der Seligkeit fließen. Denn diese beiden Tugenden weisen zur Befreiung und Aufrichtung des in der Tiefe der Sünden darniederliegenden Menschen hin auf den einzigen Sohn Gottes, der auf dem ganzen Erdkreis bekannt gemacht wurde. Als sein Leib, der am Kreuz durchbohrt (vgl. Joh 19,34) und begraben worden war, durch die wunderbare Macht der Gottheit auferstand, zeigte Er damit, daß Er der Stein der Stärke und Ehre ist.
Denn alle Wunder, die der Sohn Gottes auf der Erde vollbrachte, führte Er auf die Herrlichkeit Seines Vaters zurück.
Diese Tugenden sind nicht von der Gottheit getrennt, wie auch eine Wurzel nicht vom Baum getrennt wird. Denn Gott ist in Seinem Wesen die Liebe und hält in all Seinen Werken und Urteilen an der Demut fest. Die Liebe und die Demut nämlich stiegen mit dem Sohn Gottes zur Erde hernieder und führten Ihn, als Er zum Himmel zurückkehrte, dorthin zurück. Die eine ist von Purpurglanz, die andere von einem strahlend weißen Glanz so umgeben, daß du sie nicht vollkommen anschauen kannst.
Das bedeutet: Die Liebe <caritas> brennt in himmlischer Liebe <amor> wie Purpur, die Demut aber schüttelt den Schmutz der Erde im weißen Glanz der Rechtschaffenheit von sich ab. Wenn es auch für den sterblichen Menschen, solange er im Fleisch lebt, schwierig ist, das in allem nachzuahmen, soll er trotzdem wegen des Lohnes in der Ewigkeit nicht nachlassen, Gott über alles zu lieben und sich in allem zu demütig verhalten.
Daß aber die dritte Gestalt außerhalb des Brunnens auf dessen Randstein steht, bedeutet:
Der Friede, der im himmlischen Bereich bleibt, verteidigt auch die irdischen Angelegenheiten, die außerhalb des himmlischen Bereiches sind. Denn der Sohn Gottes, der wahre Eckstein (Eph 2,20), hat ihn gebracht, als Er die ganze Welt durch Seine Geburt erleuchtete und als Ihn die Engel in ihrem Lobgesang als Gott und Mensch erkannten. Ihr Antlitz leuchtet in solcher Helligkeit, daß diese auf dein Gesicht zurückschlägt, weil der Friede, der durch den Sohn Gottes erstand, im irdischen Bereich nicht so gehalten werden kann wie im Himmel. Denn während die himmlische Wirklichkeit immer in der Festigkeit der Eintracht steht, wird die irdische in ihrem Schwanken hierhin und dorthin geworfen und ändert sich vielfach.....
Und vor ihnen erscheinen die seligen Ordnungen der Heiligen wie Wolken. Auf sie blicken die Gestalten aufmerksam. Denn durch die Liebe und Demut gelangt man zur Ehre der himmlischen Herrlichkeit, wenn der Geist der Gläubigen wie Wolken von Tugend zu Tugend strömt. Sobald auch die Liebe und die Demut in sorgfältiger Prüfung und Obhut auf sie blicken, entzünden sie sie entschlossen und sanft zugleich zur Sehnsucht nach dem Himmel. Denn die Liebe ist der Schmuck der Werke Gottes, wie ein Ring von einem edlen Stein geschmückt wird. Die Demut aber hat sich offen im Sohn Gottes kundgetan, der sich aus dem unversehrten Stern des Meeres erhob.
.....Mit den zuvor genanntein Tugenden wurde auch die Kirche geschmückt und, wie eine Braut ausgestattet, in das Gemach des Königs geführt, wie geschrieben steht:
3. Psalm 45,10:
Die Kirche und die Gläubigen und ihr Ziel
„Die Braut steht dir zur Rechten, in einem goldenen Gewand, von buntfarbiger Pracht umgeben\'\' (Ps 45,10).
Der Sinn dieser Aussage ist so zu verstehen: Oh du Sohn des Vaters, bei der Verlobung des katholischen Glaubens trat die Kirche hin zur Fülle der himmlischen Sehnsucht, ausgestattet mit der Brautgabe Deines Menschseins, das vom Rot Deines Blutes überströmt ist. Sie war auch umgürtet mit den mannigfachen Tugenden, die sie vom Haus Deines Vaters mitbrachte, als sie sich in die Umarmung Deiner Liebe begab. Diese Verlobung ging ja aus dem Willen des allmächtigen Gottes hervor, der sie mit einem strahlenden Werk vollendete, sobald Er den Menschen als Ganzes umfaßte, den Er mit dem Gewand der Gerechtigkeit schmückte, als der Sohn Gottes für die Erlösung des Menschen im Fleisch leiden wollte.
Der Mensch ist nämlich das Werk der Rechten Gottes. Durch Ihn wurde der Mensch bekleidet und zur königlichen Hochzeit gerufen, die die Demut feierte, als der höchste Gott in die Tiefen der Erde blickte und die Kirche aus dem einfachen Volk sammelte. Er, der gefallen war, sollte durch die Reue wieder aufstehen und sich in heiligem Lebenswandel erneuern, von mannigfaltigen Tugenden wie mit der Blühkraft der Blumen geschmückt. Der Hochmut aber ist immer verdorben, weil er jedes Ding zerdrückt, zerteilt und wegnimmt. Die Demut dagegen raubt oder nimmt niemanden etwas, sondern hält alles in Liebe fest. In ihr hat Gott sich zur Erde herabgeneigt, u nd durch sie hat Er alle Tugendkräfte gesammelt. Denn die Tugenden streben hin zum Sohn Gottes, wie die Jungfrau einen Mann zurückweist und Christus ihren Bräutigam nennt. Mit der Demut sind die Tugenden verbunden, wenn Er sie zur Hochzeit des Königs führt.
Diese Worte sollen die Gläubigen in der Hingabe ihres Herzens aufnehmen, denn sie sind zum Nutzen der Gläubigen von ihm verkündet, der der Erste und Letzte ist. Ende der achten Vision