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Sphäre der Meditation

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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 2.010 mal aufgerufen
 Sufismus
Saraswati Offline




Beiträge: 4.871

01.08.2011 22:53
Sufigeschichten Zitat · Antworten

Die Geschichte von der Sandwüste

Ein Strom floß von seinem Ursprung in fernen Gebirgen durch sehr verschiedene Landschaften und erreichte schließlich die Sandwüste. Genauso, wie er alle anderen Hindernisse überwunden hatte, versuchte der Strom nun auch, die Wüste zu durchqueren. Aber er merkte, daß - so schnell er auch in den Sand fließen mochte - seine Wasser verschwanden. Er war jedoch überzeugt davon, daß es seine Bestimmung sei, die Wüste zu durchqueren, auch wenn es keinen Weg gab. Da hörte er, wie eine verborgene Stimme, die aus der Wüste kam, ihm zuflüsterte:
"Der Wind durchquert die Wüste, und der Strom kann es auch."
Der Strom wandte ein, daß er sich doch gegen den Sand werfe, aber dabei nur aufgesogen würde; der Wind aber kann fliegen, und deshalb vermag er die Wüste zu überqueren.
"Wenn du dich auf die gewohnte Weise vorantreibst, wird es dir unmöglich sein, sie zu überqueren. Du wirst entweder verschwinden, oder du wirst ein Sumpf. Du mußt dem Wind erlauben, dich zu deinem Bestimmungsort hinüberzutragen."
Aber wie sollte das zugehen? "Indem du dich von ihm aufnehmen läßt."
Diese Vorstellung war für den Fluß unannehmbar. Schließlich war er noch nie zuvor aufgesogen worden. Er wollte keinesfalls seine Eigenart verlieren. Denn wenn man sich einmal verliert, wie kann man da wissen, ob man sich je wiedergewinnt.
"Der Wind erfüllt seine Aufgabe", sagte der Sand. "Er nimmt das Wasser auf, trägt es über die Wüste und läßt es dann wieder fallen. Als Regen fällt es hernieder, und das Wasser wird wieder ein Fluß."
"Woher kann ich wissen, ob das wirklich wahr ist?"
"Es ist so, und wenn du es nicht glaubst, kannst du eben nur ein Sumpf werden. Und auch das würde viele, viele Jahre dauern; und es ist bestimmt nicht dasselbe wie ein Fluß."
"Aber kann ich nicht derselbe Fluß bleiben, der ich jetzt bin?"
"In keinem Fall kannst du bleiben, was du bist", flüsterte die geheimnisvolle Stimme. "Was wahrhaft wesentlich an dir ist, wird fortgetragen und bildet wieder einen Strom. Heute wirst du nach dem genannt, was du jetzt gerade bist, doch du weißt nicht, welcher Teil deines Selbst der Wesentliche ist."
Als der Strom dies alles hörte, stieg in seinem Innern langsam ein Widerhall auf. Dunkel erinnerte er sich an einen Zustand, in dem der Wind ihn - oder einen Teil von ihm? War es so? - auf seinen Schwingen getragen hatte. Er erinnerte sich auch daran, daß *dieses, und nicht das jedermann Sichtbare, das Eigentliche war, was zu tun wäre - oder tat er es schon?
Und der Strom ließ seinen Dunst aufsteigen in die Arme des Windes, der ihn willkommen hieß, sachte und leicht aufwärts trug und ihn, sobald sie nach vielen, vielen Meilen den Gipfel des Gebirges erreicht hatten, wieder sanft herabfallen ließ. Und weil er voller Be-Denken gewesen war, konnte der Strom nun in seinem Gemüte die Erfahrungen in allen Einzelheiten viel deutlicher festhalten und erinnern und davon berichten.
Er erkannte: "Ja, jetzt bin ich wirklich ich selbst."

Saraswati

Amalia Offline



Beiträge: 501

02.08.2011 10:52
#2 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten

danke für diese tiefsinnige Geschichte
ist sie von dir? oder von den Suffis?

“Sustain that consummation of visionary experience
and pleasure
And on the wings of perfect creativity you cross
to the other side;
Running and jumping in the meadow
of visionary appearances,
You fly into the sky matrix and vanish.”

Yeshe Tsogyel -Lady of the Lotus-Born
VIII Century-Tibet

Amalia Offline



Beiträge: 501

02.08.2011 10:53
#3 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten

Nasrudin und der Esel


Ein Mann kam zum Mullah und bat ihn: "Kann ich deinen Esel haben?"
"Sonst sehr gerne, aber heute ist mein Esel nicht da" sagte der Mullah. In diesem Augenblick schreit der Esel: "Iaaah". "Warum lügst du, Mullah? Dein Esel ist doch zu Hause!"
"Glaubst du mir oder dem Esel?", fragte der Mullah.

“Sustain that consummation of visionary experience
and pleasure
And on the wings of perfect creativity you cross
to the other side;
Running and jumping in the meadow
of visionary appearances,
You fly into the sky matrix and vanish.”

Yeshe Tsogyel -Lady of the Lotus-Born
VIII Century-Tibet

Saraswati Offline




Beiträge: 4.871

02.08.2011 11:02
#4 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten

Zitat von Amalia
danke für diese tiefsinnige Geschichte
ist sie von dir? oder von den Suffis?



Das ist eine Sufigeschichte,
der ich schon mehrfach begegnet bin.
Sie beschreibt wunderbar
das Wesen der Transformation.

Saraswati

clarissa Offline



Beiträge: 152

01.09.2011 15:54
#5 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten



Chakowatz ( gelöscht )
Beiträge:

01.09.2011 23:13
#6 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten

Mich hat folgender Teilsatz beeindruckt:

"...doch du weißt nicht, welcher Teil deines Selbst der Wesentliche ist."

TAOHF Offline




Beiträge: 4.532

06.05.2020 00:23
#7 RE: Sufigeschichten Zitat · Antworten

Die Geschichte von der Sandwüste

Ein Strom floß von seinem Ursprung in fernen Gebirgen durch sehr verschiedene Landschaften und erreichte schließlich die Sandwüste. Genauso, wie er alle anderen Hindernisse überwunden hatte, versuchte der Strom nun auch, die Wüste zu durchqueren. Aber er merkte, daß - so schnell er auch in den Sand fließen mochte - seine Wasser verschwanden. Er war jedoch überzeugt davon, daß es seine Bestimmung sei, die Wüste zu durchqueren, auch wenn es keinen Weg gab. Da hörte er, wie eine verborgene Stimme, die aus der Wüste kam, ihm zuflüsterte:
"Der Wind durchquert die Wüste, und der Strom kann es auch."
Der Strom wandte ein, daß er sich doch gegen den Sand werfe, aber dabei nur aufgesogen würde; der Wind aber kann fliegen, und deshalb vermag er die Wüste zu überqueren.
"Wenn du dich auf die gewohnte Weise vorantreibst, wird es dir unmöglich sein, sie zu überqueren. Du wirst entweder verschwinden, oder du wirst ein Sumpf. Du mußt dem Wind erlauben, dich zu deinem Bestimmungsort hinüberzutragen."
Aber wie sollte das zugehen? "Indem du dich von ihm aufnehmen läßt."
Diese Vorstellung war für den Fluß unannehmbar. Schließlich war er noch nie zuvor aufgesogen worden. Er wollte keinesfalls seine Eigenart verlieren. Denn wenn man sich einmal verliert, wie kann man da wissen, ob man sich je wiedergewinnt.
"Der Wind erfüllt seine Aufgabe", sagte der Sand. "Er nimmt das Wasser auf, trägt es über die Wüste und läßt es dann wieder fallen. Als Regen fällt es hernieder, und das Wasser wird wieder ein Fluß."
"Woher kann ich wissen, ob das wirklich wahr ist?"
"Es ist so, und wenn du es nicht glaubst, kannst du eben nur ein Sumpf werden. Und auch das würde viele, viele Jahre dauern; und es ist bestimmt nicht dasselbe wie ein Fluß."
"Aber kann ich nicht derselbe Fluß bleiben, der ich jetzt bin?"
"In keinem Fall kannst du bleiben, was du bist", flüsterte die geheimnisvolle Stimme. "Was wahrhaft wesentlich an dir ist, wird fortgetragen und bildet wieder einen Strom. Heute wirst du nach dem genannt, was du jetzt gerade bist, doch du weißt nicht, welcher Teil deines Selbst der Wesentliche ist."
Als der Strom dies alles hörte, stieg in seinem Innern langsam ein Widerhall auf. Dunkel erinnerte er sich an einen Zustand, in dem der Wind ihn - oder einen Teil von ihm? War es so? - auf seinen Schwingen getragen hatte. Er erinnerte sich auch daran, daß *dieses, und nicht das jedermann Sichtbare, das Eigentliche war, was zu tun wäre - oder tat er es schon?
Und der Strom ließ seinen Dunst aufsteigen in die Arme des Windes, der ihn willkommen hieß, sachte und leicht aufwärts trug und ihn, sobald sie nach vielen, vielen Meilen den Gipfel des Gebirges erreicht hatten, wieder sanft herabfallen ließ. Und weil er voller Be-Denken gewesen war, konnte der Strom nun in seinem Gemüte die Erfahrungen in allen Einzelheiten viel deutlicher festhalten und erinnern und davon berichten.
Er erkannte: "Ja, jetzt bin ich wirklich ich selbst."

Zitat
Saraswati

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